Papst Franziskus und Maria, die „Knotenlöserin“ aus Augsburg

Papst Franziskus verehrte das Marienbild der „Maria Knotenlöserin“ zutiefst. Er brachte es nach Südamerika, wo es heute bekannter ist als in seiner deutschen Heimat.

Viele Menschen waren traurig, als sie während der Coronapandemie die kleine Sankt-Peter-Kirche mitten in Augsburg versperrt fanden. Sie wollten Trost und Kraft vor dem Marienbild suchen, das sich dort befindet und das Papst Franziskus berühmt gemacht hat. Es zeigt eine in rotem Gewand und einem blauen Überwurf gekleidete Madonna, der ein Engel ein Band mit verschlungenen Knoten reicht. Geduldig löst die Gottesmutter einen nach den anderen. In Rom hatte der Pontifex vor einer Kopie des Bildes einen Rosenkranz für das Ende der Pandemie gebetet. Bei einer Generalaudienz bat er sogar Pilger aus Augsburg, um die Fürsprache der Knotenlöserin für ihn zu bitten. Das Original hat der am Ostermontag verstorbene Papst allerdings nie gesehen. In der Fuggerstadt sei er nie gewesen, sagte er 2017 in einem Interview.

Eine Ordensfrau habe ihm allerdings eine Postkarte mit dem Motiv geschickt. In das hat sich der damalige Erzbischof von Buenos Aires offenbar verliebt. Kardinal Jorge Mario Bergoglio ließ jedenfalls eine Kopie des Gemäldes anfertigen, Postkarten mit dem Motiv und ein Gebet um die Fürsprache der „Maria Knotenlöserin“ drucken. In der Kirche San José del Talar in Buenos Aires hängt eine Nachbildung von ihr, die tausende von Gläubigen anzieht. Damit machte der spätere Papst die Madonna aus Augsburg allmählich zu einem „Star“ in Lateinamerika, wo sie außerordentlich beliebt ist.

Das ursprüngliche Gemälde stammt aus der Zeit um 1700, geschaffen hat es wahrscheinlich Johann Georg Melchior Schmidtner. Anlass war der Überlieferung nach eine Ehekrise. Wolfgang Langenmantel und seine Frau Sophia Rentz standen kurz vor der Trennung. Der Mann suchte deshalb den Jesuitenpater Jakob Rem auf. Der betete vor einer Mariendarstellung um das Band dieser Ehe und bat, die Knoten darin aufzulösen. Zur Erinnerung daran ließ ein Enkel des Paares über ein halbes Jahrhundert danach diese einzigartige Mariendarstellung anfertigen.

Sie erzählt wohl auch viel über den verstorbenen Papst, dem als praktischen Seelsorger Eheprobleme vertraut waren. In einer vor fast genau zehn Jahren gehaltenen Katechese nannte er drei Elementarworte, die das Zusammensein von Mann und Frau und in der Familie prägen sollten: „bitte“, „danke“, „Entschuldigung“. Dass es in diesem Zusammenleben jeden Tag zu scheinbar unlösbaren „Verknotungen“ kommen kann, war dem Realisten Franziskus klar. „Im Eheleben gibt es oft Streit, und manchmal »fliegen die Teller«“, sagte er mit gewohnt deutlichen Worten in dieser Katechese.

Vielleicht scheint in der Verehrung der „Knotenlöserin“ auch etwas von der Bewunderung des Papstes für Frauen auf. Seine Autobiografie „Hoffe“ legt nahe, dass er solchen Frauen in seinem Umfeld erlebt und außerordentlich geschätzt hat. Die mit Sorgfalt und Verstand, mit Geduld und Entschlossenheit auf Probleme sehen und sie dann umsichtig aufschnüren. Sie ändern und verbessern die Dinge, ohne etwas zu zerstören, wie Männer das häufiger tun. Alexander der Große löste den Gordischen Knoten, indem er ihn mit seinem Schwert zerschlug.

Vor dem Gnadenbild in der Augsburger Peterskirche beten neben Frauen und Männern mit Familiensorgen vor allem Menschen mit Krankheiten, soweit das aus dem Fürbittbuch hervorgeht. In dieser Woche werden dort auch viele für den verstorbenen Papst beten, der darauf vertraute, dass Maria im Leben wie im Sterben die Knoten löst, die ohne Hilfe von oben fest und unentwirrbar scheinen.

(Aus dem Magazin „innehalten“)